Stopp dem Juckreiz

Arm mit atopischer Dermatitis Bild: AdobeStock, Urheber: elroi

Die roten, schuppenden, manchmal auch nässenden Ausschläge sind für Kleinkinder eine Qual und für Angehörige eine Herausforderung. Von den Eltern wird viel Geduld verlangt, denn die Kinder können durch den quälenden Juckreiz nicht schlafen, sind müde und gereizt. Die atopische Dermatitis, auch atopisches Ekzem oder Neurodermitis genannt, ist die häufigste Hauterkrankung im Kindesalter. «Jedes fünfte Kind in der Schweiz ist vom atopischen Ekzem betroffen. Die Erkrankung verläuft schubweise und ist nicht heilbar, aber gut behandelbar», erklärt PD Dr. Lisa Weibel, leitende Ärztin am Kispi in Zürich. Die Hauptursache ist eine genetisch bedingte Störung der Hautschutzbarriere. Durch den verminderten Schutz kommt es zu vermehrtem Wasserverlust über die Haut. Sie trocknet aus. Reizstoffe und Allergene können einfacher über die Haut eindringen.

Anfälliger auf Infektionen und Herpes

«Auslöser einzelner Schübe können Virusinfektionen, Bakterien, klimatische Bedingungen, Reizfaktoren wie Schwitzen oder Wolle auf der Haut sein», so die Dermatologin. Manchmal spielen Allergien auf Nahrungsmittel oder Hausstaubmilben sowie Stress eine Rolle. «Die Auslöser sind je nach betroffenem Kind unterschiedlich.» Eine Vermeidung von Triggerfaktoren führt meist zu einer Verbesserung, aber fast nie zur Abheilung des Ekzems. Die Haut von Kindern mit Neurodermitis ist anfälliger für Infektionen mit Bakterien und Viren, insbesondere Herpes. Deshalb empfiehlt der Schweizerische Impfplan für Kinder mit schwerer Neurodermitis ab dem zwölften Monat eine Varizellen-Impfung.

Die tägliche Pflege ist unverzichtbar

Das atopische Ekzem ist an und für sich ungefährlich. Man geht davon aus, dass bei zirka 60 bis 70 Prozent aller Kinder das Ekzem im Alter von drei bis fünf Jahren ausheilt. Betroffene Kinder neigen aber zu Nahrungsmittelallergien, Heuschnupfen und Asthma. «Wenn es gelingt, die Störung der Hautbarriere und die Entzündungen rechtzeitig und wirksam zu behandeln, besteht die Hoffnung, dass sich der Krankheitsverlauf verkürzt und die Tendenz zur Entwicklung weiterer allergischer Erkrankungen abnimmt oder sich deren Ausbruch verzögert», sagt Prof. Dagmar Simon, Leitende Ärztin der Dermatologie am Inselspital in Bern. Sie betont auch, wie wichtig die tägliche Basispflege ist. Das bedeutet regelmässige Reinigung sowie ein- bis zweimal täglich Pflege der Haut mit rückfettenden Crèmes oder Salben.

Bei schwerer Neurodermitis, bei der Pflegeprodukte nicht mehr helfen, wurden bisher Medikamente eingesetzt, die das Immunsystem unterdrücken, wie zum Beispiel Cortison. Diese haben aber auf Dauer starke Nebenwirkungen. Manchmal kann auch eine UV-Lichtbehandlung oder eine Therapie mit Medikamenten notwendig werden. Der starke Juckreiz wird in der Regel mit Antihistaminika behandelt.

Neue Therapie reduziert Symptome

Neuerdings kann die atopische Dermatitis mit sogenannten Biologika, monoklonalen Antikörpern, erfolgreich behandelt werden, mit geringen Nebenwirkungen. Eine klinische Studie hat gezeigt, dass auch Säuglinge und Kleinkinder profitieren. Ein Team der Northwestern University in Chicago behandelte rund 200 Kinder zwischen sechs Monaten und fünf Jahren mit mittelstarker bis schwerer Neurodermitis. Die Hälfte der Kinder erhielt 16 Wochen lang Biologika, die andere Hälfte ein Placebo. Bei mehr als der Hälfte der Kinder, die das Medikament erhalten hatten, gingen die Symptome signifikant zurück. Auch der quälende Juckreiz liess bei Kindern der Biologika-Gruppe deutlich häufiger nach, so dass sie wieder durchschlafen konnten. Es zeigte sich noch ein weiterer therapeutischer Nutzen. In der Verum-Gruppe kam es seltener zu allergischen Erkrankungen wie Heuschnupfen, Asthma und Nahrungsmittelallergien. Wie für die Behandlung der Neurodermitis bei Erwachsenen stehen nun auch für Kleinkinder neue, moderne Biologika-Therapien zur Verfügung.