Mehr Respekt und weniger Tempo

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Besser kommunizieren Teil 2. Prof. Jürgen Steiner von der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik in Zürich nennt Grundregeln für sprachliche Vielfalt.

 

 

 

  • Welcome to Babylon: Vielfalt in den Kochtöpfen, im Liedgut und in der Sprache ist kultureller Reichtum und Chance für Neues und für Toleranz. Langweilig wird es in der Schweiz also nicht.

 

  • Respekt für CH: Seien Sie stolz auf die schweizerdeutsche Sprache. Sie tönt nicht nur gut, sondern ist durch die Integration vieler Wörter aus anderen Sprachen besonders reich.

 

  • Fehlende Schrift: Von den etwa siebentausend gesprochenen Sprachen der Welt hat die überwältigende Mehrheit kein Schriftsystem. Schweizerdeutsch ist also in bester Gesellschaft. Abgesehen davon ist seine Schriftform in SMS omnipräsent.

 

  • Respekt für D: Schriftdeutsch ist die Sprache der Bildung. Sie ist gleichzeitig die Verständigungssprache, die in der Sprachvielfalt der Schweiz Brücken zwischen Menschen baut. Attribute wie „förmlich“ oder „gestelzt“ sind deshalb unsinnig.

 

  • Kleine Kinder: Wenn Kinder im Minimum zwei Sprachen lernen sollen, brauchen sie ein gutes muttersprachliches Vorbild. Das Erlernen einer Zweitsprache verlangt nach einem tragfähigen Fundament der Erstsprache über Sprachbausteine und über die unverwechselbare Sprachmelodie.

 

  • Kinder im Kindergarten und in der Schule: Auch hier brauchen Kinder gute sprachliche Vorbilder, und zwar für beide Sprachen, CH-Deutsch als Umgebungssprache und Hochdeutsch als Bildungssprache. Idealerweise hat es im schulischen Team Nativspeaker beider Sprachen. Weitere Sprachen sind willkommen.

 

  • Würdigung des Landes, in dem man arbeitet und lebt: Auch wenn Schweizerdeutsch nicht die Muttersprache ist, sollte man sich auf dem Niveau Grussformel, Zustimmung, Kommentare, Floskeln, kurze Fragen etc. dennoch sicher in CH-Deutsch bewegen können.

 

  • Nichtverstehen: Wer eine fremde Sprache in der Verstehenskompetenz wirklich beherrscht, hat auch keine Problem in Konferenzsituationen bei Störgeräuschen, versteht Witze, Idioms und Lieder. Das ist aber auch nach langjährigem Sprachkontakt ehr schwierig. Es ist also unehrlich zu sagen „Ja, ich verstehe alles.“ Bleiben Sie ehrlich und signalisieren Sie, wenn Sie etwas nicht verstanden haben.

 

  • Bitte anklopfen: Wer als Nicht-Schweizer schweizerdeutsch benutzen möchte, kann das in verschiedenen Situation konsequent üben. Zum Beispiel beim Einkaufen. Eventuell kann man sein Gegenüber fragen, ob es in Ordnung ist, wenn man Schweizerdeutsch spricht, auch wenn es nicht ganz perfekt ist.

 

  • Einladung in die Sprachwelt: Switchen Sie als Schweizer nicht einfach automatisch ins Hochdeutsch, wenn Sie mit einem Fremdsprachigen reden. Fragen Sie Ihr Gegenüber zuerst, ob dies erwünscht ist. Vielleicht möchte Ihr Gesprächspartner ja Schweizerdeutsch sprechen. Laden Sie andere in Ihre Sprachwelt ein!

 

  • Tempo raus: Wenn zwei Sprachwelten sich treffen, sollte man das Tempo in der Kommunikation herunterfahren. Die Kommunikation auf Schweizerdeutsch tendiert ohnehin dazu, den anderen zu hören, Konsens zu erzeugen und einem ruhigen Rhythmus zu folgen. Statt „Alles klar“ zu sagen, beginnen Sie vielleicht lieber mit „Ich fasse noch einmal zusammen.“

 

  • Geteilte Themen: Ein Fremdsprachiger, der in der Schweiz mit welcher Sprache auch immer kommuniziert, sollte sich mit dem Land, in dem er lebt und arbeitet, beschäftigen. Was in der Schweiz regt die Menschen auf, was freut sie, ängstigt sie, wundert sie? Echtes Interesse und ein Pool von gemeinsamen Themen ist ein wunderbarer Ausgangspunkt für Gespräche.

 

  • Geteilter Stolz: Multikulturell, multilingual und multiproduktiv ist eine schöne Formel für die Schweiz. Dialekt ist erwünscht, und Hochdeutsch auch, und andere Sprachen ebenso. Eine Kultur von Offenheit und Neugier schafft in einem Land ohne Bodenschätze Innovation.

 

Alle anderen Lektionen von „Besser kommunizieren“ finden Sie hier

 

Prof. Dr. habil. Jürgen Steiner HfH MitarbeiterInnen 2013

www.hfh.ch