Alarmsignal Lenden- und Gesässschmerz

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Sie ist unheilbar. Und sie kann fatal verlaufen und zur kompletten Versteifung der Wirbelsäule führen. Trotzdem ist sie stark unterdiagnostiziert. Sechs bis sieben Jahre dauerst es im Schnitt, bis die richtige Diagnose gestellt wird. Und betroffen sind längst nicht nur Männer, wie man lange meinte, sondern auch viele Frauen, und zwar vorwiegend schon in jungen Jahren. Bechterew nennt man diese Krankheit nach dem gleichnamigen russischen Neurologen.

Pharao Ramses II. in Aegypten litt genauso darunter wie Menschen in Palästina zur Zeit Jesu. Bechterew ist damit keine Zivilisationskrankheit, sondern ein seit Jahrtausenden existierendes Leiden. So finden sich im Altägyptischen nicht nur medizinische Beschwörungsformeln, sondern auch Rezepte gegen Versteifungen und Verkrümmungen.

In der Schweiz rechnet man mit gegen 70’000 Betroffenen. Meist beginnt sie zwischen dem 16. und 45. Lebensjahr. Sehr häufig leiden die Patienten jahrelang unter starken Rückenschmerzen oder scheinbaren Muskelverspannungen, ohne dass jemand an Bechterew denkt. Gerade im Anfangsstadium sind die Beschwerden unspezifisch und werden daher oft fehlgedeutet. Typisch sind über Monate anhaltende, tief sitzende Kreuzschmerzen, die am Morgen und in Ruhe am schlimmsten sind. Sie strahlen ins Gesäss und in die Oberschenkel aus und verstärken sich beim Husten oder Niesen. Auch Schmerzen in anderen Gelenken wie Hüfte, Knie und Schulter sind möglich. Frühzeichen sind zudem Erwachen in der Nacht, Müdigkeit sowie Morgensteifigkeit nach dem Aufstehen.

Die Bechterew Erkrankung verläuft bei jedem Patienten anders. Bei einigen steht der Entzündungsschmerz im Vordergrund, bei anderen kommt es ohne Behandlung zur Versteifung der Wirbelsäule. In manchen Fällen verläuft die Krankheit besonders aggressiv, in anderen so mild, dass sie nie eindeutig diagnostiziert wird, obwohl die Entzündung permanent vorhanden ist. In bestimmten Fällen können Gelenke der Gliedmassen, innere Organe die der Darm oder das Auge sowie die Haut mitbetroffen sein. Gefürchtet sind jene Fälle, welche zu einer invalidisierenden Versteifung der Wirbelsäule führen. Sie kann so stark sein, dass der Patient weder richtig gerade aus noch nach hinten blicken kann, was ihn im täglichen Leben enorm beeinträchtigt.

Als Ursache vermutet man, dass vererbte Anlagen und Umwelteinflüsse übersteigerte Immunreaktionen in Gang setzen. Die Krankheit kann nicht geheilt werden. Um die Beweglichkeit der Wirbelsäule zu erhalten, steht eine möglichst frühe Diagnose und angemessene Therapie im Vordergrund. Je nach Symptomen und Krankheitsaktivität gibt man Mittel gegen die Schmerzen und Entzündung, aber auch Medikamente, die das Immunsystem beeinflussen. Mit den heute verfügbaren Substanzen ist es möglich, die entzündlichen Prozesse zu stoppen und ein Fortschreiten der Erkrankung und damit eine Versteifung zu verhindern.

Genau so wichtig wie wirksame Medikamente sind gezielte Gymnastik und Sport. Neben regelmässiger Bechterew-Gymnastik sind auch Ausdauersportarten wie Nordic-Walking, Biken etc. sehr hilfreich, um die Beweglichkeit zu verbessern und die Krankheitsaktivität zu bremsen. Das zeigen zahlreiche Studien, unter anderem eine aus dem Universitätsspital Zürich. Körperliche Aktivität bewirkt, dass die Schmerzen weniger stark wahrgenommen werden und der Bedarf an Schmerzmitteln abnimmt. Bewegung und Sport wirken zudem antidepressiv, stärken das Selbstwertgefühl und die Stresstoleranz. Körperlich aktive Menschen sind im Alter mobiler und weniger pflegebedürftig.

Untersuchungen haben gezeigt, dass Bechterew-Patienten sich häufiger körperlich betätigen als die Durchschnittsbevölkerung. Wegweisend ist, dass Patienten, die Mitglied der Schweizerischen Vereinigung Morbus Bechterew sind, sich speziell vorbildlich verhalten. 70 Prozent von ihnen bewegen sich regelmässig. Die Vereinigung führt Bewegungs-Therapiekurse in der ganzen Schweiz durch.

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