Coronavirus – das japanische Wunder

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Weshalb kam Japan bisher so glimpflich durch die Pandemie wie kaum ein anderes Land? In gerade mal eineinhalb Monaten schaffte es die Nation, die Lage so gut wie unter Kontrolle zu bringen. Lange hatte es nicht danach ausgesehen. Japan wurde vorgeworfen, viel zu moderat vorzugehen und zu wenig zu testen. Es gab keine restriktiven Beschränkungen des Alltags, keine Ausgehverbote wie in Italien oder Spanien, sondern ein Kurs, der weitgehend auf Freiwilligkeit setzte. Geschäfte, Coiffeure, Hotels und Restaurants durften geöffnet bleiben.

Allerdings hatte Japan schon früh in der Pandemie reagiert und Grossveranstaltungen abgesagt, Schulen geschlossen und die Bewohner aufgefordert, möglichst zu Hause zu bleiben und Abstand zu halten. Geholfen bei der Eindämmung der Infektionen haben sicher auch die seit jeher hohen Hygiene-Standards und kulturelle Besonderheiten. So ist es in Japan üblich, sich zu verbeugen anstatt einander die Hände zu schütteln, in der Öffentlichkeit einen Mund-Nasenschutz zu tragen und die Schuhe auszuziehen, bevor man ins Haus geht.

Infektionsherde aufspüren und abschotten

Entscheidend und beispielhaft war aber vor allem die Cluster-Identifikations-Strategie. Anstatt wie die meisten anderen Länder massenhaft auf das Coronavirus zu testen, setzte Japan auf das rasche Aufspüren von zeitlichen und räumlichen Häufungen von Erkrankungen. Ausgemacht wurden diese Cluster in Pubs, Karaoke-Räumen, Fitnessstudios etc. Die Gesundheitsbehörden verfolgten durch Befragungen konsequent den Weg des Virus, schotteten die Infektionsherde resolut ab und isolierten sämtliche Mitglieder dieses Infektionsclusters. Das bedeutet: Sobald jemand als infiziert identifiziert wird und kurz zuvor beispielsweise in einer Bar war, wird jeder, der sich zu einer ähnlichen Zeit in diesem Lokal aufhielt, ebenfalls als infiziert betrachtet und sofort zuhause isoliert. Auf langwierige Labortests verzichten die Behörden vorerst, um Infektionsketten augenblicklich zu unterbrechen.

Der Sonderweg wird zum Vorbild

Dadurch kam es nicht, wie etliche Experten befürchtet hatten, zu einer unentdeckten Ausbreitung des Virus. Im Gegenteil. Japan konnte damit einen Ausbruch verhindern, wie ihn viele westliche Länder über sich ergehen lassen mussten. Führende Virologen Deutschlands und der Schweiz wollen den Japanischen Sonderweg nun zum Vorbild für den künftigen Umgang mit dem Coronavirus nehmen und so einen zweiten Lockdown verhindern. Inzwischen weiss man nämlich, dass bei der Verbreitung des Coronavirus Superspreading-Events, vor allem grosse Menschenansammlungen in geschlossenen Räumen, eine entscheidende Rolle spielen. Gelingt es, solche Cluster frühzeitig zu erkennen und sofort alle Clustermitglieder zuhause zu isolieren, können Infektionsketten unterbrochen werden, bevor sie unkontrollierbar werden.