Zu Beginn der Pandemie hatte es noch geheissen, Herdenimmunität sei die Voraussetzung, um SARS-CoV-2 auszurotten. Sie sei erreicht, wenn zwei Drittel der Bevölkerung durch Erkrankungen oder Impfung Antikörper im Blut haben. Obwohl mittlerweile in den meisten Ländern um die 90 Prozent der Menschen in irgendeiner Form mit dem Virus Kontakt hatten, sind die Ansteckungszahlen mit jeder neuen Variante weiter gestiegen.
Nach Ansicht von Anthony Fauci ist Herdenimmunität weder möglich noch notwendig. Die in den letzten beiden Jahren durch Erkrankungen erreichte Hintergrundimmunität sollte zusammen mit Impfstoffen, antiviralen Medikamenten und Antikörpern ausreichen, um trotz der weiteren Zirkulation der Viren zur Normalität zurückzukehren.
SARS-CoV-2 wird neue Epidemien auslösen
SARS-CoV-2 gehört zu den Viren, die sich ständig verändern. Eine Grippe hinterlasse auch nur eine zeitlich begrenze Immunität, der sich die Viren jedes Jahr entziehen können. Regelmässig würden neue Viren entstehen, die neue Wellen auslösen, bevor sie in abgeschwächter Form als endemische Viren für saisonale Ausbrüche verantwortlich sind.
Es sei in den letzten 80 Jahren nicht gelungen, die Grippe durch Impfstoffe vollständig zu kontrollieren. Eine ähnliche Entwicklung sieht der amerikanische Immunologe für Covid-19 voraus. Es werde wahrscheinlich unmöglich sein, SARS-CoV-2 auszurotten, wie dies bisher nur mit einem menschlichen Virus, dem Pockenerreger, gelungen sei. SARS-CoV-2 werde trotz Impfstoffen jedes Niveau einer Herdenimmunität überwinden und neue Epidemien auslösen.
Das Virus kontrollieren ohne die Gesellschaft zu spalten
Fauci ist dennoch optimistisch. Nach zwei Jahren Pandemie sei in der Bevölkerung eine hohe Hintergrundimmunität vorhanden, die gefährliche Ausbrüche seltener mache. Ausserdem habe man jetzt wirksame Medikamente, die bei rechtzeitiger Diagnose schwere Verläufe verhindern können. Damit könne das Virus kontrolliert werden, ohne Störungen der Gesellschaft in Kauf nehmen zu müssen.