Die nächtliche Gefahr

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Ist der Blutdruck in der Nacht normalerweise tiefer als am Tag?

Wie vieles im Körper ruht auch der Blutdruck in der Nacht und fällt bereits am späteren Abend und dann insbesondere im Schlaf deutlich ab. Normalerweise sind die Blutdruckwerte nachts unter 120/70mmHg, aber bei gewissen Patienten deutlich höher.

Warum ist der nächtliche Bluthochdruck gefährlicher als der Bluthochdruck am Tag?

Jeder Bluthochdruckwert ist auf seine Art gefährlich, das heisst, unabhängig von der Tageszeit, je höher er ist, desto häufiger kommt es zum Hirnschlag, Herzinfarkt und vorzeitigen Herztod. Allerdings ist der Unterschied zum normalerweise sehr tiefen nächtlichen Blutdruck bei nächtlichen Blutdruckanstiegen grösser.

Was sind die Ursachen für Bluthochdruck in der Nacht?

Bei gewissen Patienten fällt der Blutdruck nachts nicht ab, das sind sogenannte «Non-Dippers». In diesem Fall muss man unbedingt an eine sekundäre Hochdruckform denken, also an eine Nierenarterienstenose oder eine andere Nierenerkrankung oder einen Blutdruckhormon-produzierenden Tumor der Nebennieren.

Bei anderen Patienten – und das ist viel häufiger – kommt es nachts wiederholt zu Blutdruckspitzen. Dann liegt meist ein sogenanntes obstruktives Schlafapnoesyndrom vor. Dabei kommt es, besonders bei übergewichtigen und älteren Patienten und speziell auch nach Alkoholgenuss, in Rückenlage beim Schlafen zu einer Verengung oder sogar zum vorübergehenden Verschluss der Atemwege mit Atemstillstand. Als Folge fällt die Sauerstoffsättigung, was zu einer massiven Aktivierung des sympathischen Nervensystems führt mit schnellem Puls, starkem Blutdruckanstieg und danach Erwachen. Diese Blutdruckanstiege führen nicht selten zu Hirnschlag und Herzinfarkt.

Welche Symptome weisen auf einen hohen nächtlichen Blutdruck hin?

Die meisten dieser Patienten schlafen schlecht, erwachen mehrmals in der Nacht und sind am Morgen nicht ausgeruht, leiden unter Tagesmüdigkeit und Schlafattacken.

Würde die Einnahme blutdrucksenkenden Mittel am Abend das Problem entschärfen?

Das hängt von der Ursache ab. Ist es ein normaler, meist familiär bedingter Bluthochdruck, der schlecht eingestellt ist, dann hilft eine zusätzliche Tablette am Abend. Liegt aber eine sekundäre Ursache vor, also eine Nieren- oder Nebennierenerkrankung, dann muss diese ursächlich behandelt werden, meist mit einer Ballonerweiterung der Nierenarterie oder einer operativen Entfernung eines Nebennierentumors.

Das obstruktive Schlafapnoesyndrom muss in einem Schlaflabor bestätigt werden. In leichten Fällen kann eine deutliche Gewichtsabnahme und Alkoholverzicht helfen, meist aber ist nur eine Beatmungsbehandlung mit einer Maske, die sogenannte CPAP-Therapie, wirksam.

Kann die Diagnose nur mit einer 24-Stunden-Messung erstellt werden?

Eine 24-Stunden-Blutdruckmessung sollte man bei jedem Hypertoniker vor und nach der Therapie erwägen. Es ist in jedem Fall wichtig, eine wirksame Blutdrucksenkung <140/90mmHg bei älteren Patienten und <130/80mmHg bei jüngeren anzustreben, um die Komplikationen des hohen Blutdrucks zu vermeiden. Eine Therapiekontrolle mit einer 24-Stunden-Blutdruckmessung ist aus meiner Sicht sinnvoll, um eine gute Blutdruckeinstellung tagsüber, aber auch nachts zu dokumentieren.

Prof. Luescher 003
Prof. Thomas F. Lüscher ist Director of Research, Education & Development am Royal Brompton & Harefield Hospital Trust und Imperial College in London sowie Leiter des Centers for Molecular Cardiology der Universität Zürich.