Die Nerven liegen blank

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Ein leichter Schmerz im Innern des Auges entwickelt sich langsam zu fürchterlichem Kopfweh. Arme und Beine sind geschwächt, die Sicht verschwommen und blass. Betroffene beschreiben den ersten Kontakt mit NMOSD als Schock, der so schnell nicht nachlässt.

Diese Krankheiten wünscht man niemandem. Neuromyelitis optica spectrum disorders ist eine Gruppe von Erkrankungen, deren Ursache ungeklärt ist und im schlimmsten Fall zur Erblindung und Lähmung führen. Sie betreffen zu 90 Prozent Frauen und sind sehr selten, nur fünf von 100 000 Personen haben sie.

NMOSD sind Autoimmunerkrankungen, die dazu führen, dass der Körper das eigene Gewebe angreift. Schädliche Entzündungen führen zu einer Demyelinisierung der Nerven. Das heisst, die Nerven verlieren ihre isolierende Ummantelung aus Myelin, die es ermöglicht, elektrische Impulse zu übertragen. Die Signale der Sinne erreichen das Gehirn nicht mehr und Befehle werden falsch oder gar nicht an die Muskeln übermittelt.

Entzündung des Sehnervs

Die Optikusneuritis, also die Entzündung des Sehnervs, ist eines der häufigsten Symptome und gibt den NMOSD ihren Namen. Sie reicht, je nach Schädigung des Nervs, von verschwommener Sicht bis zum vollständigen Verlust des Augenlichts. Schäden am zentralen Nervensystem führen zu weiteren Symptomen wie unkontrollierbaren Krämpfen, Sensibilitätsstörungen und Inkontinenz. Im schlimmsten Fall sind einzelne oder alle Extremitäten gelähmt.

Am Anfang der Krankheiten stehen weis­se Blutzellen, die aus ungeklärten Gründen eines Tages mit der Bildung von bestimmten Antikörpern beginnen, die wichtige Zellen im Nervensystem ausschalten und Entzündungen auslösen. Die Antikörper werden nicht ständig, sondern in unregelmässigen Abständen im grossen Stil produziert.

Anfälle und Schübe

Dementsprechend treten die Krankheitszeichen von NMOSD immer schubweise in Form von Anfällen auf. Wie gut sich Symptome nach einem Schub zurückbilden, hängt massgeblich von dessen Stärke ab. Obwohl NMOSD nicht heilbar sind, ist es wichtig, Schübe früh und intensiv zu behandeln und neue Schübe zu verhindern.

Für die Prophylaxe werden Immuntherapeutika eingesetzt. Diese Medikamente bremsen die übermässige Aktivität des Immunsystems und lindern die Entzündungen. Akute Anfälle werden auch mit Bluttransfusionen behandelt, wobei man die fehlbaren weissen Blutzellen, die am Ursprung der Antikörperproduktion stehen, ersetzt. In den vergangenen Jahren wurden neue Medikamente entwickelt, die NMOSD-Therapien zusehends verbessern.

Keine MS

Die Symptome und Krankheitsverläufe erinnern stark an Multiple Sklerose. NMOSD wurden deshalb lange als Unterform von MS eingeordnet – mit schwerwiegenden Folgen. Falsch eingesetzte Medikamente wirken nicht oder verschlimmern die Krankheiten sogar. Obwohl mittlerweile klar ist, dass NMOSD eine eigenständige Gruppe von Erkrankungen sind, werden noch immer sehr häufig Fehldiagnosen gestellt.

Wie bei seltenen Krankheiten typisch, leben viele Menschen damit, ohne es zu wissen. Sie glauben, an einer anderen Krankheit zu leiden, tun einen Schub als Schwächeanfall ab, gehen nicht oder zu spät zum Arzt oder von einem zum anderen. Eine frühzeitige, richtige Diagnose ist entscheidend für eine erfolgreiche Therapie. Wachsam bleiben ist das Einzige, was jeder schon vor Ausbruch der Krankheit tun kann.

NMOSD? Bitte melden!

Wir suchen Patientinnen und Patienten, die uns helfen, NMOSD bekannter zu machen und mehr Verständnis zu schaffen. Die Krankheiten sind nach wie vor weitgehend unbekannt, unterdiagnostiziert und werden häufig falsch behandelt. Mit persönlichen Erfahrungsberichten möchten wir einen Beitrag leisten für mehr gesellschaftliche Anerkennung und Aufmerksamkeit. Schreiben Sie uns auf doktorstutz.ch/kontakt.