«Mein grosses Problem war mein ständiges Spannungskopfweh. Ich hatte mit meinem Hausarzt alle Therapien durchexerziert, die es gibt. Angefangen von Traditioneller Chinesischer Medizin, Physiotherapie, Massage etc. Auch geröntgt wurde alles, der Kopf und die Wirbelsäule. Nichts, aber auch gar nichts hat das gebracht. Das Kopfweh schlich sich im Laufe des Nachmittags ein und wurde gegen Abend immer stärker. Leidig waren für mich die vielen verschiedenen Schmerzmittel, die ich nehmen musste. Mein Arzt hatte mir nach jeder Konsultation, in der ich über Schmerzen klagte, ein Schmerzmittel abgegeben. Das alles ging nicht spurlos an mir vorbei. Ich lebte sehr zurückgezogen, war antriebslos und gereizt. Auch meine Familie litt. Ich versuchte, so gut es ging, mir nichts anmerken zu lassen.»
Welchen Ausweg gibt es aus einer solch hochgradig chronifizierten Kopfschmerzerkrankung, zumal sich wegen der zu häufigen Einnahme von Schmerzmitteln das ursprüngliche Kopfweh in einen noch viel schlimmeren Medikamenten-Übergebrauchs-Kopfschmerz verwandelte? Schon ab zehn Schmertabletten pro Monat, eingenommen über zwölf Wochen hinweg, steigt das Risiko für einen Medikamenten-Übergebrauchs-Kopfschmerz stark an. Es macht dabei keinen grossen Unterschied, welche Art von Schmerzmitteln man nimmt. Jedes Schmerzmedikament zählt. Der Medikamenten-Übergebrauchs-Kopfschmerz ist am Ende ein mehr oder weniger täglicher Kopfschmerz, der durch die zu häufige Einnahme von Schmerzmitteln immer weiter zementiert wird.
Konsequenter Entzug als Weg aus dem Teufelskreis
Es gibt nur einen Weg aus einem solchen Teufelskreis, nämlich den konsequenten Entzug von allen Schmerzmitteln – unter Umständen sogar stationär – und einen besseren, medikamentenfreien Umgang mit dem Kopfweh. Das schliesst den Versuch ein, Kopfschmerzen auch einmal bewusst eine gewisse Zeit ohne Medikamente auszuhalten und dabei zu erleben, dass sie auch wieder vorbeigehen können, ohne dass in dieser Zeit etwas Schlimmes passiert. Vielen Betroffenen hilft es, mit den Kopfschmerzen zu reden, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, versuchen, sie zu verstehen, sie nach ihrer heimlichen Botschaft zu fragen und ihnen dann einen Platz im Leben zuzuweisen, anstatt sie mit allen Mitteln zu bekämpfen. Anderen helfen Entspannungsverfahren wie autogenes Training etc.
Annehmen des erlittenen seelischen Schmerzes
Ein halbes Jahr später schrieb uns die Leserin Erstaunliches über ihr Kopfweh und über ihr Leben. Wahrscheinlich ist es genau diese ehrliche Rückschau, das Annehmen des erlittenen seelischen Schmerzes, das dem Kopfweh nun seine Daseinsberechtigung entzieht. Oder anders gesagt: Weil die Leserin ihre schmerzvolle Kindheit annimmt und sich mit ihr versöhnt, braucht sie die Kopfschmerzen nun auf einmal nicht mehr, um sich als Mensch zu spüren.
«Endlich habe ich meine Kopfschmerzen besiegt. Ich werde nächstes Jahr 70 Jahre alt. So werfe ich einen Blick zurück. Mein Leben lang hatte ich mehr oder weniger immer Kopfschmerzen, jeden Tag.
Ich war eine ganz normale Hausfrau mit drei Kindern. Mein Mann arbeitete auf dem Bau. Ich hatte Nebenjobs mit Putzen und Zeitungen austragen etc.
Meine Kindheit war lieblos und mein Bruder und ich spürten alles andere als Geborgenheit. Meine Eltern stritten viel – wir waren einfach überflüssig. Manchmal wurden wir in den Keller gesperrt. Ohne triftigen Grund. Mein Bruder war lange Bettnässer. Wir wohnten in einem Bauernhaus an der Hauptstrasse. Am Mittag, wenn die Schüler von der Schule heimkamen, musste mein Bruder die nasse Matratze auf die Kellerlaube legen, damit ihn die anderen Schüler auslachten. Er ist über diese Demütigungen nie hinweggekommen und schlitterte in ein Alkoholproblem. Wir mussten immer alles können, ohne jede Hilfe. Arbeiten wie ein Knecht. Heute würde man das Jugendamt avisieren, und alles wäre besser.
Kopfweh bestimmte mein ganzes Leben
Das Kopfweh begleitete mich fast mein ganzes Leben. Ich konnte mich nie auf etwas freuen und schon gar nicht daran teilnehmen. Das Kopfweh bestimmte mein ganzes Leben. Ich schluckte Schmerzmittel noch und noch, damit ich wenigstens funktionierte.
Ich habe meinem Hausarzt immer wieder von meinem Kopfweh erzählt. Er gab mir bloss Schmerzmittel. Zwischendurch auch Antidepressiva. Ich richtete meinen Alltag nur noch nach dem Kopfschmerz. Hatte ich eine Verabredung oder einen Termin, riss ich mich zusammen, so dass man mir nichts anmerkte. Ich hatte keine Hobbies. Die Kraft dazu hätte ich gar nicht gehabt. Ich war einsam und verzweifelt und auch hilflos. Ich konnte keine Freundschaften aufbauen. Das Kopfweh verwehrte alles.
Ab sofort keine Schmerzmittel mehr
Eines nachts, in der absoluten Verzweiflung, bekam ich eine Eingebung von oben. Mir kam die frühere Fernsehsendung von Dr. Stutz in den Sinn. Ich schrieb einen Brief und schilderte ihm meine Verzweiflung. Er rief mich persönlich an und war entsetzt über meinen Leidensweg. Er machte mir Mut und riet mir, ab sofort keine Schmerzmittel mehr einzunehmen. In der Zwischenzeit hatte mich mein Hausarzt noch zu den Chinesen geschickt. Alles umsonst.
Dr. Stutz war meine letzte Hoffnung. Ab sofort nahm ich keine Schmerzmittel mehr. Ich war auf einmal so etwas von motiviert. Endlich jemand, der mich ernst nimmt und helfen will. Auf einmal merkte ich, dass der Kopfschmerz nachlässt – ohne Schmerzmittel. Ich hatte Entzugserscheinungen wie Erbrechen etc. Aber sie gingen vorüber.
Jetzt bestimme ich und sage, wo es langgeht
Ich redete mit dem Schmerz, wenn er kam, wie es mir Dr. Stutz empfohlen hatte. ‹Du hast bis jetzt mein Leben bestimmt. Jetzt bestimme ich und sage, wo es langgeht.› Ich gehe viel mit dem Hund in den Wald. Ich habe eine mächtige Tanne, an die ich mich immer anlehne und mich festhalte und sie bitte, mir etwas von ihrer Kraft gegen mein Leiden zu geben.
Ich spreche mit dem Schmerz
Ich habe noch ab und zu Kopfweh. Aber ich kann jetzt ohne Schmerzmittel leben – und ich spreche mit dem Schmerz. Ich habe endlich wieder Freude am Leben und bin unternehmungslustig, nehme an Diskussionen teil. Sogar meinem Hausarzt ist aufgefallen, dass bei mir etwas passiert ist. Auch meine Familie inklusive die Grosskinder profitieren von meiner Genesung. Schön ist das Leben. Ich geniesse jeden Tag und bin so etwas von glücklich, dass ich den Kopfschmerz besiegt habe. Ich kann kaum in Worte fassen, wie dankbar ich bin.»