Es war doch die Schilddrüse

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Kaum Schlaf, immer Hungergefühl, zittrige Hände – aber kein Diabetes. So kam die Schilddrüsenerkrankung von Franziska Schaffner, 34, aus Aarburg AG, ans Tageslicht. Ihr Bericht.

„Im Frühling 2007 starb mein Vater an Lungenkrebs. Wenig später begannen meine Schlafprobleme. Ich war zwar von der Arbeit abends immer sehr müde. Doch jedes Mal, wenn ich mich ins Bett legte, blieb ich stundenlang hell wach. Über viele Nächte hinweg hatte ich vielleicht zwei Stunden Schlaf. Von meinem Hausarzt bekam ich Schlafdragées verordnet und wurde damit abgewimmelt, dass ich den Tod meines Vaters noch nicht verarbeitet hätte. Trotz der Schlafdragées wurde mein Schlafverhalten nicht besser. Ich hatte auch immer mehr Hunger. Schon eine Stunde nach dem Essen kam das Hungergefühl zurück. Meine Hände waren zittrig und ich fragte mich, ob vielleicht der Zuckerspiegel verrückt spielt. Da ich zu dieser Zeit in der Pflege arbeitete, konnte ich mir schnell den Blutzucker messen. Doch dieser war normal. Das Problem: Ich ass viel mehr und nahm trotzdem an Gewicht ab. Mein Puls wurde auch immer schneller, was mich mehr und mehr beunruhigte. Ich hatte an einem Abend einen Ruhepuls von über 100. Soweit ich mich noch erinnern kann, war das der Ausschlag, wieder bei meinem Hausarzt einen Termin zu vereinbaren. Dort wurden dann meine Schilddrüsenwerte gemessen und zum Schlafen bekam ich ein Antidepressivum. Die erste Tablette haute mich völlig um. Ich konnte zwar wieder mal rechtzeitig einschlafen, aber am nächsten Morgen war ich so müde, dass ich es nicht schaffte, in die Schule zu gehen. Danach nahm ich nur noch eine halbe Tablette. Nach ca. einem halben Jahr und mindestens acht Kilo mehr auf der Waage durfte ich dieses Medikament langsam absetzen. Die Kilos blieben leider.

Zur Blutwerte-Besprechung musste ich zur Ferienvertretung meines Hausarztes. Dieser kannte meine Vorgeschichte nicht und ich musste nochmals bei null anfangen und alles berichten. Das war mein Glück, denn dieser Arzt kam – nachdem er meine Blutwerte kontrolliert hatte – schnell zur Diagnose Morbus Basedow. Ich erhielt ein Medikament, das die Schilddrüsenhormone reduzieren sollte. Gegen meinen hohen Ruhepuls verschrieb er mir einen Betablocker, welcher den Puls in den Normbereich senkte. Bis Blut- und Puls-Werte eingestellt waren, musste ich wöchentlich zur Kontrolle. Danach wurden die Kontrollen auf einen vier- bis sechswöchigen Rhythmus gelegt.

Nach knapp einem Jahr durfte ich das Schilddrüsen-Medikament reduzieren und sogar ausschleichen, da die Werte wieder normal waren. Durch diese Erkrankung war ich auf kleinste Veränderungen sensibilisiert, so dass ich ein halbes Jahr später selber das Gefühl hatte, meine Schilddrüsenwerte seien wieder aus dem Lot. Die Laborwerte bestätigten meine Ahnung, und so musste ich wieder das Schilddrüsen-Medikament nehmen. Ein halbes Jahr später konnte ich das Medikament wieder langsam ausschleichen.

Ich war inzwischen 31 und das Thema Familienplanung stand im Raum, weshalb meine Frauenärztin einen Endokrinologen hinzuziehen wollte. Mein Hausarzt meinte, dass dies nicht nötig sei und er das auch ohne den Spezialisten beurteilen könne. Ich selber wollte auf der sicheren Seite sein und suchte trotzdem den Endokrinologen auf. Dieser empfahl mir aufgrund meiner Vorgeschichte und des Rezidivs die operative Entfernung meiner Schilddrüse.

Die Hormone könne man so feiner einstellen, was auch eine risikoärmere Schwangerschaft bedeuten würde. Mein Hausarzt war nach dem Schreiben des Spezialisten natürlich auch für die Operation.

Seit Sommer 2010 lebe ich nun ohne Schilddrüse und nehme täglich Hormone. Und seit etwa bald zwei Jahren bin ich wirklich gut eingestellt und fühle mich wohl.“

Die Krankheitsgeschichte von Franziska Schaffner ist typisch für Schilddrüsenpatienten. Sie rennen oft von Pontius zu Pilatus und bekommen keine korrekte Diagnose. Franziska Schaffner engagiert sich deshalb in der Schilddrüsengruppe Schweiz und arbeitet im Vorstand mit. „Aufklärung ist unser oberstes Ziel“, sagt sie. „Viele Patienten werden als psychische Problemfälle abgetan. Dabei entwickeln solche Patienten die Depression nur, weil die Ärzte lange Zeit nicht herausfinden, wo das Problem wirklich liegt.“ Selbst, wenn die Werte eigentlich noch im normalen Rahmen liegen, darf man eine Schilddrüsenfehlfunktion nicht ausschliessen, vor allem, wenn alle anderen Symptome darauf hinweisen. Franziska Schaffner: „Erkrankungen der Schilddrüse – ob es Unter- oder Überfunktionen sind – können sich auf ganz unterschiedliche Art und Weise bemerkbar machen. Deshalb lohnt es sich, schon früh an die Schilddrüse zu denken und Spezialisten mit ins Boot zu holen. Und mein Tipp an die Betroffenen: Bleiben Sie hartnäckig und lassen Sie sich nicht ohne Diagnose abwimmeln!“

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