Gegen die Medikalisierung des Todes

Tod Medikamente AdobeStock 202012305 Cyb Addison Bild: AdobeStock, Urheber: Cyb Addison

Immer mehr Menschen sterben in einem Spital, wo durch medizini­sche Massnahmen zuletzt vergeblich versucht wird, den Tod hinauszuzögern. Gezeigt hat sich das gerade während der Pandemie. Zahllose Patienten seien ohne Aussicht auf ein Überleben auf Intensivstationen behandelt wor­den, wo sie starben, ohne dass sie Kontakt zu ihren Familien hatten. Für die Sterbenden ein einsamer Tod, für die Trauernden ein traumatisches Erlebnis, beklagen die Palliativmediziner.

Covid-19 sei nur das augenfälligste Beispiel einer langjährigen Entwicklung. In den westlichen Ländern sterben heute 7 bis 9 von 10 Menschen in Krankenhäusern oder Pflegeheimen. Die Lebenserwartung ist zwar deutlich gestiegen. Viele dieser zusätzlichen Jahre würden die Menschen jedoch bei schlechter Gesund­heit oder mit vielen Einschränkungen verbringen.

Ohne den Tod ist jede Geburt eine Tragödie

Tod, Sterben und Trauer sind nach Ansicht der Autoren aus dem Gleichgewicht geraten. Die Klinik sei heute für viele Menschen der Ort, wo sie dem Tod begegnen. Familien würden an den Rand gedrängt, menschliche Beziehungen durch Fachleute und Behand­lungs­protokolle ersetzt. Zudem seien die Kosten für diese letzte Phase des Lebens enorm gestiegen.

Gefordert wird ein komplettes Umdenken. Der Tod müsse wieder zu einem Bestandteil des täglichen Lebens werden. Wir müssten anerkennen, dass der Tod ein wertvoller Teil des Lebens sei, denn ohne den Tod wäre jede Geburt eine Tragödie. Sterbende und ihre Angehörigen müssten im Sterben und in der Trauer stärker unterstützt werden. Dazu brauche es Pflegenetzwerke, die neben Fachleuten auch Familien und Gemeindemitglieder umfassen.