Heinrich Volkart ist glücklich. Mit zwei reparierten Herzklappen atmet er auch beim Treppensteigen wieder so leicht wie früher.
Das hätte der 85-Jährige aus Regensdorf ZH nicht für möglich gehalten. Er, der den Hausarzt nur vom Hörensagen kannte. Der nie krank und ein Leben lang vor Grippe verschont geblieben war. Ausgerechnet er musste in seinem hohen Alter doch noch medizinische Hilfe in Anspruch nehmen. Am Ende freiwillig, weil lebensnotwendig. Aber unerwartet.
«Eines Morgens war auf einmal mein rechtes Bein lahm», sagt Heinrich Volkart. «Damals vor fünf Jahren. Meine Frau musste mir aus dem Bett helfen und mich stützen. Ich dachte, das sei am nächsten Tag wieder in Ordnung. War es aber nicht. Wir riefen den Notfallarzt, der schon nach 20 Minuten vor der Tür stand. Seine Diagnose: Hirnschlag.» Eine Halsschlagader war verschlossen, die andere fast komplett zu. Mit einem Stent wurden sie wieder durchlässig gemacht. Wenig später mussten auch die Herzkranzarterien mit Stents behandelt werden, um die Blutgefässe offen und stabil zu halten. Alles ging gut und nach der Rehabilitation war Heinrich Volkart wieder ganz der Alte.
«Vor drei Jahren ging es mir erneut schlecht. Ich verspürte einen Druck auf dem Brustbein, besonders bei Anstrengung. Das habe sicher mit meinem Alter zu tun, Ich dachte, alles einfach etwas langsamer und gemächlicher angehen zu müssen. Doch die Atemnot wurde immer schlimmer. Letzten Winter blieb mir schon auf der untersten Treppe die Luft weg. Eine gewisse Müdigkeit begleitete mich durch den Tag, selbst dann, wenn ich nur sass. Schliesslich sprach ich mit dem Arzt darüber. Ich wollte eigentlich gar nicht gehen, doch ich musste ein Rezept erneuern lassen.» Der Arzt schaltete sofort. Aorta- und Mitralklappen am Herzen waren defekt. Heinrich Volkart kam wieder zu Prof. Roberto Corti, der ihm schon die Stents gesetzt hatte. Ohne Operation würde es nicht lange weitergehen. Die Voruntersuchung zeigte aber, dass das Risiko für eine klassische Operation zu gross war. Innerhalb von sechs Monaten wurde die Aortenklappe ersetzt und zum Schluss via schonende Methode die undichte Mitralklappe über einen Katheter mit einem kleinen Clip repariert. «Das war mein Glück, denn eine Operation am offenen Herzen, wie man es früher in jedem Fall hat machen müssen, hätte ich nicht überlebt.»
Heinrich Volkart erinnert sich noch genau an den Moment nach der Narkose. «Ich wachte auf und es war wunderbar. Ich hatte keine Schmerzen, mir war vögeliwohl und ich machte schon bald Sprüche mit der Krankenschwester. Am nächsten Morgen rasierte ich mich bereits selber, brauchte keine Rehabilitation und war nach einer Woche schon wieder zu Hause. Das Grösste für mich: ich konnte wieder richtig durchatmen und fühlte mich wie neugeboren. Fast wie ein junges Reh laufe ich jetzt wieder die Treppen hoch. Ich bin eigentlich nicht so doktorfreundlich eingestellt, aber von diesem Ärzteteam um Prof. Roberto Corti bin ich begeistert.»
Interview mit Prof. Roberto Corti, Facharzt für Kardiologie und innere Medizin an der Herzklinik Hirslanden in Zürich.
Jetzt können auch kranke Patienten aufatmen. Ein kleiner Clip an der Mitralklappe rettet ihr Herz.
Wie funktioniert das?
Prof. Roberto Corti: Über einen Katheter platzieren wir einen winzigen Clip am Herzen. Er schliesst die undichte Mitralklappe zwischen linkem Vorhof und linker Herzkammer, damit das Blut wieder in den Körper gepumpt wird.
Wo liegt der Nutzen für die Patienten?
Die meisten von ihnen atmen nach dem Eingriff wieder normal und zeigen selbst unter Belastung Resultate, an die vorher nicht zu denken gewesen war. Hochleistungssportler werden sie zwar keine mehr, aber sie können den Alltag wieder gut bewältigen.
Ein Eingriff, von dem ältere Patienten profitieren?
Besonders Menschen, die bereits an verschiedenen Krankheiten leiden und die eine Operation mit der Herz-Lungen-Maschine nicht überleben würden. Das Beispiel von Heinrich Volkart spricht für sich. Der älteste Patient, den wir mit dieser Methode behandelt haben, war schon 96 Jahre alt.
Wie sind die Erfahrungen?
Bis jetzt sind weltweit über 20 000 Patienten so behandelt worden. Diese Therapie ist gedacht, um die Funktion der Herzklappe zu verbessern. Zwei Arten von Patienten profitieren: Einerseits solche, bei denen die Mitralklappe selber einen Defekt hat. Andererseits aber auch Patienten, die unter einer generellen Herzschwäche leiden. Bei letzteren ist die Mitralklappe zwar gesund, aber im Vergleich zum krankhaft vergrösserten Herzen zu klein. Bei solchen Menschen verkleinert und erholt sich das Herz nach dem Eingriff. Dieser Effekt muss allerdings noch durch eine Studie untermauert werden.