So trickst man den Heuschnupfen aus

Heuschnupfen Allergie Bild: fotolia.de, Urheber: J. Kottmann

Neue Studien machen Hoffnung. Doch können geplagte Pollen-Allergiker dank Probiotika tatsächlich aufatmen? «Es gibt Hinweise darauf», sagt Prof. Dr. Peter Schmid-Grendelmeier von der Dermatologischen Klinik am UniversitätsSpital Zürich. Das Wissen über den Einsatz von Probiotika stehe noch am Anfang. Die Aussichten, das Immunsystems via Darm oder Haut zu beeinflussen, scheinen riesig, die Erwartungen seien entsprechend hoch.

Darmflora ist wichtig

Welche Rolle können probiotische Bakterien denn spielen? «Bei Allergien hat man die Bedeutung der Ernährung bisher massiv unterschätzt. Jetzt merkt man, wie wichtig sie für die Darmflora ist –, besonders in den ersten Lebensjahren. Der Organismus soll möglichst früh mit möglichst vielen verschiedenen Stoffen in Kontakt kommen. Nur so kann sich die Immunabwehr optimal aufbauen.» Diese Erkenntnis wird auch bei der Gabe von Probiotika genutzt. Sie sollen die Darmflora so verändern, dass das Immunsystem beim Kontakt mit Allergenen nicht mehr überreagiert. Nebenwirkungen sind bisher keine bekannt, doch auch bei den Wirkungen weiss man noch längst nicht alles. «Bei Atemwegsallergien gibt es erste ermutigende Studienresultate. Bei Magen-Darm-Problemen, bei Neurodermitis und bei atopischer Dermatitis kennt man das Wirkprinzip hingegen schon recht gut», sagt Prof. Schmid-Grendelmeier.

 

Allergene vermeiden

Die Probiotika-Therapie kann sehr gut mit der etablierten Stufentherapie kombiniert werden. «Die erste Massnahme ist, Allergene wie Pollen, Hausstaub oder Nahrungsbestandteile zu vermeiden. Das gelingt allerdings nicht immer. Die Luft kann man nie komplett reinigen, und wenn es ums Essen geht, weiss man nicht, ob es noch Spuren von unerwünschten Stoffen drin hat. Die zweite Massnahme ist darum die Behandlung mit Medikamenten. Knackpunkt sind hier allerdings mögliche Nebenwirkungen. Vor allem ältere Antihistaminika können müde machen, Cortison über mehrere Wochen als Tablette oder Spritze verabreicht greift den Magen und die Knochen an und macht aufgedunsen. Biologika sind hochwirksam, aber sehr teuer. Dritte Stufe einer Behandlung ist die Desensibilisierung, also die allergenspezifische Immuntherapie. Man gibt dem Körper kleine Mengen des allergieauslösenden Stoffes und versucht, ihn mit der Zeit daran zu gewöhnen. Wir haben besonders gute Resultate bei Insektenstichen, Pollen und Hausstaubmilben.»

Peter Schmid neu
Prof. Peter Schmid-Grendelmeier, Universitätsspital Zürich

Denkt man den Probiotika-Ansatz weiter, gelangt man zur Stuhltransplantation, einer ebenfalls vielversprechenden Methode. Hier werden Darmbakterienkulturen gesunder Menschen in den Darm von Patienten eingebracht. Sie bauen dann eine neue Darmflora auf. «Bisher ist die Stuhltransplantation bei Allergien noch nicht eingesetzt worden, sondern nur bei schweren Darmentzündungen wie der pseudomembranösen Kolitis. Das sind spannende Aspekte. Wir haben zum Beispiel den Stuhl von Patienten untersucht und konnten allein aufgrund der Zusammensetzung der Stuhlbakterien feststellen, ob der Patient an Asthma oder Übergewicht leidet.»

Was sind Probiotika?

Als Probiotika werden Milchsäurebakterien bezeichnet, die den Darm bevölkern und sich dort vermehren. Sie sollen die Darmflora stärken und so einen direkten Einfluss auf das menschliche Immunsystem haben, das sich zu grossen Teilen im Darm befindet. Damit es seine Funktion zur Abwehr von Viren und Bakterien erfüllen kann, ist es auf die Existenz zahlreicher Bakterien angewiesen. Probiotika scheinen hier eine besondere Rolle zu spielen.