Unter Frauen

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Sie waschen sich häufig und denken, sie tun Gutes. Sie verwenden Duschmittel und glauben, sie verbannen damit schlechte Bakterien. Sie sind erschrocken, wenn ihre Intimhygiene zu gesundheitlichen Störungen führt, obwohl sie doch alles richtig gemacht haben. Haben sie das wirklich? Wo beginnt eine gute Intimpflege, und was ist zu viel des Guten? Dr. Irena Zivanovic weiss: «In der Regel waschen wir Frauen uns zu oft, was die Haut im Intimbereich austrocknen und schädigen kann. Darüber hinaus zerstören viele Duschmittel den schützenden Säuremantel. Mechanische Reizungen durch Slipeinlagen, Toilettenpapier, Velofahren oder enge Bekleidung werden dann nicht mehr gut vertragen und beeinträchtigen das Vaginalmilieu zusätzlich.»

Ausfluss, Trockenheit, Brennen

Frauen kommen mit Brennen, Juckreiz, Trockenheit, übermässigem oder übelriechendem Ausfluss und auch wegen Schmerzen beim Geschlechtsverkehr in die Sprechstunde. Wo liegt das Problem? Dr. Zivanovic: «Normalerweise halten Milchsäurebakterien das Scheidenmilieu sauer. So wird die Scheide vor Pilzen, Viren und Bakterien geschützt. Bei gestörtem Scheidenmilieu respektive bei zu hohem pH-Wert in der Scheide sowie bei dünner und trockener Scheidenhaut fehlen diese Milchsäurebakterien. Die Keimabwehr fällt zusammen, Erreger können sich einnisten. Die Probleme fangen an. Und damit nicht genug: Durch die kurze Harnröhre bei der Frau können die Bakterien auch leicht in die Blase hochwandern und zu Blasenentzündungen führen. Täglich kommen Frauen mit solchen Beschwerden zu mir.»

Laktobazillen als Lösung

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Dr. Irena Zivanovic

Der weibliche Intimbereich ist ein ausgeklügeltes und einzigartiges System. Die häufigsten Bakterien der gesunden Scheidenflora sind Milchsäurebakterien, die sogenannten Laktobazillen. Sie leben gerne in einem sauren Milieu und sorgen durch die Produktion von Milchsäure gleich selbst dafür, dass das Scheidenmilieu sauer bleibt. Und genau das ist sehr wichtig, denn in einem ausreichend sauren Scheidenmilieu haben  krankheitsverursachende Bakterien, Viren und Pilze geringere Überlebenschancen. Zudem produzieren viele Laktobazillen Substanzen, die andere Bakterien und Pilze abtöten können. Durch übertriebene Intimpflege mit zu häufigem Waschen und die Anwendung von ungeeigneten Duschmitteln kann die Scheidenflora aus dem Gleichgewicht geraten. Auch eine geschwächte Körperabwehr sowie manche Medikamente wie Antibiotika können das Scheidenmilieu negativ beeinflussen. Mit zunehmendem Alter kommt ein Mangel an Ös­trogen hinzu. Dr. Zivanovic: «Aber auch jüngere Frauen sind betroffen; meistens wegen der Einnahme von modernen, niedrigdosierten respektive gestagenhaltigen Antibaby-Pillen. Ob es bei ihnen zu Beschwerden kommt, ist von der Scheidenflora und der Pflege abhängig. Eine gute Intimpflege ist deshalb auch in jungen Jahren sehr wichtig, später erst recht.»

Die Intimpflege beginnt mit der richtigen Kleidung – nicht eng und nicht scheuernd. Die Haut soll einmal täglich mit Wasser und pH-milden, rückfettenden Waschlotionen gereinigt werden. Dr. Zivanovic: «Reinigen und Abtrocknen bitte immer von vorne nach hinten. Bei Bedarf anschliessend die Haut mit feuchtigkeitsspendenden, parfümfreien Gels oder Cremes versorgen.»

Orale Probiotika helfen

Fehlen noch die nützlichen Laktobazillen. Sie kann man mit speziellen Vaginalgels oder Vaginaltabletten direkt in den Scheideneingang geben. Besonders praktisch und hygienisch sind die neuen Probiotika zum Schlucken mit den wichtigsten milchsäurebildenden Bakterienstämmen, die in der Scheide gesunder Frauen vorkommen. Ideale Laktobazillen-Spezies sind besonders stabil gegenüber der Magensäure und Galle und gelangen deshalb intakt in den Darm und anschliessend in die Scheide. Die Anwendung oraler Probiotika ist kinderleicht und sehr diskret. Mit etwas Wasser kann man sie zu jeder Zeit und an jedem Ort nehmen.