Zehn Dinge, die jeder über die Prostata wissen sollte

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1. Die Bedeutung

Wichtig ist die Unterscheidung zwischen gutartiger Prostatavergrösserung und Prostatakrebs. 40 Prozent der über 50-jährigen Männer haben eine behandlungsbedürftige gutartige Prostatavergrösserung. Die Prostata ist aber auch das bei Männern am häufigsten von Krebs befallene Organ. In der Schweiz gibt es jährlich über 6’200 Prostatakrebs-Neuerkrankungen und 1’300 Sterbefälle.

2. Symptome und Risiken

Bei der gutartigen Prostatavergrösserung, der Prostatahyperplasie, kommt es zu typischen Beschwerden wie abgeschwächtem Harnfluss, vermehrtem Harndrang und Nachträufeln. Prostatakrebs macht im Frühstadium, also im Stadium mit den besten Heilungschancen, keinerlei Symptome. Deshalb ist eine Vorsorgeuntersuchung auch bei fehlenden Beschwerden zu empfehlen. Besonders gefährdet sind Männer, bei denen in der Familie, bei Vater oder Bruder, bereits Prostatakrebs aufgetreten ist.

3. Kontrolle und Abklärung

Eine Blutentnahme zur Bestimmung des PSA-Wertes sowie die Tastuntersuchung der Prostata gehören zur Basisuntersuchung. Sie erfolgt in der Regel in der hausärztlichen Praxis. Die weitergehenden Abklärungen in der urologisch-fachärztlichen Sprechstunde umfassen eine zusätzliche Ultraschalluntersuchung. Die früher oft durchgeführte ungezielte Mehrfachbiopsie der Prostata gehört heute nicht mehr zum Standardvorgehen bei einer diagnostizierten PSA-Erhöhung. Die Magnetresonanztomographie der Prostata belastet den Patienten weit weniger und zeigt mit grosser Zuverlässigkeit die Beschaffenheit der Prostata und allfällige Krebsherde. Falls solche gefunden werden, mach man eine gezielte Biopsie.

4. Die medikamentöse Therapie

Bei gutartiger Prostatavergrösserung mit vermehrter Reizung der Blase können pflanzliche Mittel wie Kürbiskerne, Sägepalme- oder Brennesselextrakte versucht werden. Ist die Wirkung ungenügend, werden Medikamente verschiedener Stoffklassen eingesetzt. Prostatakrebs kann mit Medikamenten allein nicht geheilt, jedoch durch hormonmodulierende Substanzen, welche die Testosteronwirkung blockieren, im Wachstum stark gehemmt werden. Beim fortgeschrittenen Prostatatumor mit Metastasen erzielt eine zusätzliche Chemotherapie gute Wirkungen.

5. Die Chirurgie und Da Vinci

Die operative Therapie der gutartigen Vergösserung der Prostata kommt zum Einsatz, falls die Medikamente ungenügend wirken oder eine Blasenentleerungsstörung mit grösseren Restharnmengen vorliegt. Das Standardverfahren mit den langfristig sichersten Resultaten ist die Elektroresektion durch die Harnröhre, bekannt als die kleine Prostataoperation. Alternativ können auch Laserverfahren zur Anwendung kommen. Ein kleiner, wenig aggressiver Prostatatumor muss nicht zwingend sofort behandelt werden. Eine regelmässige Überwachung reicht. Kommt es im späteren Verlauf zu einer Zunahme des Tumors, genügt es, erst zu diesem Zeitpunkt eine Therapie einzuleiten. Bei einem auf die Prostata beschränkten Tumor sind mit der radikalen Prostataentfernung die definitiven Heilungsaussichten sehr gut. Dabei kommt in der Regel die minimalinvasive DaVinci-Technologie zum Einsatz, eine Roboterunterstützung für den Chirurgen. Er führt den Eingriff von einer Operationskonsole aus mit Joysticks und erreicht mit 3-D-Bildern und 10-12-facher Vergrösserung eine hohe Präzision. Dadurch lassen sich die Resultate hinsichtlich Kontinenz und Potenzerhaltung deutlich verbessern, vorausgesetzt, der operierende Arzt ist in der Technologie erfahren.

6. Die Radiotherapie

Auch mit Strahlenbehandlung, meist in Kombination mit einer Blockierung des männlichen Hormons Testosteron, ist im Frühstadium eine definitive Heilung zu erwarten. Zudem können mittels Bestrahlung in fortgeschrittenen Stadien befallene Lymphknoten oder Knochenherde gezielt behandelt werden. 

7. Die Lebensqualität

Neben der Heilung eines Tumors steht die Erhaltung von Kontinenz und Potenz ganz im Vordergrund. In der Regel entwickelt sich ein Prostatakrebs sehr langsam. Es bleibt also genügend Zeit, sich nach der Diagnose genau über die möglichen Therapien zu informieren. Die verschiedenen Therapieverfahren haben ein unterschiedliches Nebenwirkungsspektrum. Schlussendlich hängt die Lebensqualität von der optimalen Therapiewahl und Erfahrung des jeweiligen Zentrums ab. Aus diesem Grund wurden von den Gesundheitsbehörden Mindestfallzahlen für radikale Prostataentfernungen vorgeschrieben und Zertifizierungen von Zentren vorgenommen.

8. Psychologie

Der Umgang mit einer Prostatakrebserkrankung bedeutet einen langen und intensiven Prozess, nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Angehörigen. Zur Verarbeitung dieser schwierigen Lebensphase sind unterstützende Gespräche mit ausgebildeten Psychoonkologinnen und Psychoonkologen hilfreich.

9. Gesund leben

Es gibt keine spezielle Krebs-Diät, mit der man Prostatakrebs heilen oder aushungern kann. Jedoch ist eine gesunde, ausgewogene Ernährung wichtig. Dazu gehören viel Früchte, Beeren und Gemüse, Zurückhaltung bei rotem Fleisch und Vermeidung von Übergewicht. Täglich genügend Bewegung und Sport spielen ebenfalls eine grosse Rolle. Auf diese Weise lässt sich die Widerstandskraft des Körpers gegenüber der Krebskrankheit erhöhen. 

10. Individualität

Jeder Mensch hat seine individuellen Bausteine, die durch die Erbsubstanz definiert sind. Hinzu kommt seine persönliche Lebensgeschichte. Da auch der Prostatakrebs sehr unterschiedliche Eigenschaften hat, ist es wichtig, die verschiedenen Vorgehensweisen mit dem Patienten zu erörtern und eine individuell abgestimmte Therapieform zu planen. Aufgrund der Vielfalt von Behandlungsmöglichkeiten sind Zweitmeinungen als Entscheidungshilfe nützlich.

 

Prostata Experte J.L. Fehr 002
Dr. med. Jean-Luc Fehr vom Zentrum für Urologie der Klinik Hirslanden Zürich